Karte von Georg

Polizeipräsidium Chemnitz, Zelle 55

Meine liebe Rose,
seit Freitag bin ich in Chemnitz. Wann ich nach Sachsenburg komme, weiß ich noch nicht. Es tut mir sehr leid, daß unser Briefwechsel auf diese Weise gestört wird. Über deine Briefe habe ich mich sehr gefreut. Das umso mehr als ich wusste, daß du gerade in den letzten Tagen sehr beschäftigt warst. Früher konnte ich ja dir etwas helfen. Jetzt mußt du die ganze Arbeit allein machen. Wegen der Änderung meines Aufenthaltsortes bin ich gar nicht unglücklich. Mich interessiert vielmehr sehr, wie es jetzt in Sachsenburg aussieht. Ich weiß ja auch, daß ich in höchstens 2 Wochen wieder nach Leipzig komme. Die Verhandlung findet am 1. November statt. Deinen Geburts- und unseren Hochzeitstag wirst du nun allein verbringen. Sei aber darüber nicht traurig. Wir sehen uns ja bald wieder. Der Rechtsanwalt rechnet bestimmt mit dem Freispruch. Es war übrigens gut, daß er nicht nach Sachsenburg gefahren ist. Er hat mich in Leipzig wiederholt besucht. Schicke mir bitte 5 Exemplare meiner Arbeit aus der Braun-Festschrift. Geld brauche ich nicht. Nutze die Ferien recht gut aus, damit du ganz auf der Höhe bist, wenn ich zu Hause bin. Wir werden dann unsere Familienfesttage nachholen.
Mit herzlichen Grüßen

Dein Georg.