Brief von Rosemarie

Lieber Junge,

Du, das war ein harter Stoß. Es ist mir unfaßlich, daß Deine Teilnahme an der Quäker-Hilfsaktion so furchtbare Folgen haben soll. Du hast doch versucht, eine nochmalige Prüfung der Entscheidung über Deine Staatsbürgerschaft herbeizuführen? Wie steht es mit der Möglichkeit der Aufenthaltsgenehmigung?

So, wie ich meinen Mann kenne, sorgt er sich viel mehr um das Schicksal seiner Frau als um sein eigenes. Das darf er nicht tun. Sonst werde ich böse. Ich bin ganz vernünftig, jetzt. Z. B. tue ich, was Du mir sagst: ich erhole mich, so gut ich kann, sauge Luft, Sonne, Frische ein, schlafe jetzt wieder, wandere, schwimme. Berg u. Wald u. Wiesen haben schon das Ihre getan, um mich wieder ruhig zu machen. Ich bin vorläufig noch optimistisch. Ich kann es einfach nicht glauben, daß wir aus dem Boden gerissen werden sollen, auf dem wir gewachsen sind. Du so gut wie ich.

Aber eines, Georg, will ich Dir sagen: wir beide haben auch Unverlierbares: Arbeitskraft u. Können u. unsere Freundschaft, die immer fester wird, je mehr wir getrennt sind. Sage doch, ob man damit nicht etwas anfangen kann? Jung u. hoffentlich gesund sind wir doch auch.

Leb wohl heute, lieber Georg. Du mußt wissen, daß ein Mensch immer an dich denkt u. gern möchte, daß Du froh bist, auch wenn es schwer ist.

Ja, Du, lache doch einmal

Deine „Kleine“