Brief von Rosemarie

 

Lieber Junge,

der Brief nach Sachsenburg sollte gerade abgeschickt werden, da erhielt ich Deinen aus Leipzig, für den ich Dir sehr, sehr danke. Er ist so gut und tröstend. Auch ich sehe die Lage so wie Du, habe sie immer so gesehen. Es hat keinen Zweck, Vogel-Strauß-Politik zu treiben. Trotzdem hoffe ich auf ein – schlimmstenfalls kurzes – Zusammentreffen mit Dir.

Vorläufig freue ich mich darauf, Dich einen ganzen Vormittag lang sehen zu dürfen, denn ich werde bei der Verhandlung sein.

Den Gedanken, Englisch als Fakultas zu machen, habe ich schon selbst gehabt. Es ist aber vorläufig nicht durchführbar wegen Zeitmangels. Allein die Vorbereitung zu den 2 Konversationsstunden, die ich pro Woche habe, kostet mich viel Zeit, die ich eigentlich für Schule oder Haushalt brauche.

Nun leb wohl für heute. Ich werde Deinen Brief immer wieder lesen, u. es wird so sein, als ob ich Deine lebendige Stimme hörte. Du bist ja immer bei mir trotz unserer Trennung.

Deine Rose.

Sehr bedauere ich, daß ich die fertig zurechtgemachte Drucksache nun nicht nach S. schicken kann. Als Du aus Chemnitz schriebst, wagte ich nicht, sie abzuschicken, ich konnte mir gar nicht denken, daß Du auf so kurze Zeit nach S. kämest. Nun ist es zu spät!