Lieber Georg,
nun habe ich alle Tage vergeblich auf eine Nachricht von Dir gewartet. Sicher herrscht an Deinem neuen Aufenthaltsort eine andere Schreiberlaubnis. Oder bist Du nicht gesund? Du wolltest mir doch schreiben, was ich Dir schicken soll.
Nun, denke nicht, daß ich nicht genau weiß, daß Du mir schreibst, wenn Du kannst. Du weißt ja, was Deine Briefe mir bedeuten. Ich hab’ Dir noch gar nicht gesagt, wie sehr ich mich über den letzten gefreut habe. Du bist natürlich selbst sehr traurig, daß Du noch nicht entlassen wirst. Aber von Deinem eigenen Kummer schreibst Du kein Wort, wie ich es so oft tue. Du denkst nur daran, daß ich traurig sein werde u. versuchst mir die betrübliche Nachricht möglichst sanft beizubringen.
Du sorgst Dich so rührend, wie ich meine Sonntage zubringe. Das brauchst Du aber nicht. Ich habe meist etwas Hübsches vor, u. es liegt nur an mir, wenn ich mich dann doch nicht so recht daran freuen kann, weil du nicht dabei bist.
Ich habe mich übrigens schon nach dem Preis der Sonntagsfahrkarte nach Frankenberg (d(as) i(st) doch Eure Station) erkundigt. Er ist viel niedriger als der Preis der Karte nach Dresden. Da möchte ich, falls ich die Erlaubnis erhalte, Dich nächsten oder übernächsten Sonntag besuchen, wenn es Dir recht ist. Du schüttelst den Kopf über Deine verschwenderische Frau. Aber wenn Du wüßtest, wie sparsam sie sonst ist.
Viele Grüße
D. M.